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Wissenschaft kompakt

Beim Klettern in der Halle lieber die Luft anhalten



Der Klettersport boomt, die Anzahl der Kletterhallen steigt stetig.
Trotz gesunder, sportlicher Aktivität sollte man es aber mit längeren
Aufenthalten nicht übertreiben.



Die Versuchung ist alle Jahre wieder enorm. Egal ob in
Adventskalendern, auf Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkten oder
"simplen" Geburtstagen - überall duftet es nach Lebkuchen, Plätzchen,
Spekulatius, Crepes und anderen süßen oder herzhaften Leckereien. Wer
bereits in der Vorweihnachtszeit ein paar zusätzliche Kilos auf den
Rippen hat, der muss dann auch noch die Feiertage selbst, das
Restessen im Anschluss sowie Kreppel/Berliner, Bowle, Raclette und
Fondue (am besten wild kombiniert) an Silvester "über sich ergehen
lassen". Welch Beruhigung für Geist und Seele, dass es pünktlich zum
Jahreswechsel dann den guten Vorsatz gibt, es im neuen Jahr
kulinarisch gesünder und sportlich fitter angehen zu lassen. Dass
einem aber bis zum Jahreswechsel die Hosenknöpfe nicht schon aus
allen Nähten platzen, empfiehlt es sich ausreichend zu bewegen. Ob es
nun ein ausgiebiger Spaziergang im Park, eine Joggingrunde im Wald
oder ein Besuch im Schwimmbad ist, Hauptsache man ist aktiv und
verbrennt ein paar der zusätzlich aufgenommen Kalorien.
Eine der Trendsportarten der vergangenen Jahre ist das Klettern und
Bouldern. Letztere ist eine schnelle, kraftvolle und technisch
anspruchsvolle Form des Kletterns, bei der man lediglich durch Matten
am Boden, nicht aber durch ein Seil gesichert ist. Aber auch
artverwandte Disziplinen wie Parcourslauf und Freerunning werden
immer beliebter. Maßgeblich dazu beigetragen hat neben der
Ausstrahlung der erfolgreichen TV-Sendung Ninja Warrior Germany, die
inzwischen in ihre 10. Staffel gegangen ist, sicherlich auch die
Aufnahme des Klettersports ins offizielle Olympische Programm. Nach
dem Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Jahr
2016 stieg die Reichweite der Sportart sprunghaft an. Bei den
nächsten Spielen in Los Angeles 2028 werden Medaillensätze in den
drei eigenständigen Disziplinen "Boulder", "Lead" und "Speed"
vergeben. Während es beim "Lead" darum geht, möglichst hoch zu
klettern und beispielsweise den letzten Griff zu erreichen, muss beim
"Speed" übersetzungsgetreu eine standardisierte 15 Meter hohe Wand so
schnell wie möglich erklommen werden. Veddriq Leonardo aus Indonesien
schaffte dies in Paris 2024 in gerade einmal 4,75 Sekunden.

Mit der steigenden Zahl an Aktiven (über 1 Million in Deutschland,
Stand 2023) wächst auch der Bedarf nach Kletter- und Boulderhallen.
Vor allem der Anteil letztgenannter hat in den vergangenen Jahren
deutlich zugenommen. Musste man sich landesweit 1990 noch mit rund 20
Anlagen "begnügen" sind es mittlerweile über 600 - auch bedingt durch
eine Vielzahl privater Anbieter. Gerade in der dunklen Jahreszeit, wo
es wie in den vergangenen Wochen vielerorts neblig, trüb und klamm
ist, bevorzugen die Sportler auch in bergigen Regionen die Hallen als
Trainingsstätte. Der Haken dabei: Die Luftqualität.
Aus Kletterhallen ist bereits bekannt, dass einer erhöhten Belastung
durch Schweiß- und Staubpartikel (auch durch den Magnesiasack oder
englisch "chalk bag" für den Grip an den Händen) mit einem
umfangreichen Lüftungskonzept, entgegengewirkt wird. Zusätzliche
Frischluftzufuhr wird durch Fensteröffnungen und Dachluken
ermöglicht, die als Teil der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA)
integriert sind und ebenfalls zur Belüftung beitragen. Die
Lüftungsanlagen sind so konzipiert, dass im Empfangs- und
Thekenbereich ein Überdruck erzeugt wird. In den Hallenbereichen wird
dadurch mehr Luft abgesaugt als zugeführt, was zu einem Unterdruck
führt. Auf diese Weise wird verhindert, dass Feinstaub in den
Empfangs- und Thekenbereich gelangt und dient damit dem
Mitarbeiterschutz.

Neu ist allerdings, dass eine zusätzliche, potentiell
gesundheitsgefährdende Gefahr vom Abrieb der speziellen Kletterschuhe
ausgeht. Begriffe wie "Abrieb" oder "Partikel" werden für gewöhnlich
mit dem Straßenverkehr, Autoreifen oder Formel 1 Rennen assoziiert.
Entsprechende Messstationen für die Feinstaubbelastung findet man in
regelmäßigen Abständen an vielen Hauptverkehrsadern. So haben nun
Studien der Universität Wien und der
technisch-naturwissenschaftlichen Universität in Lausanne zutage
gefördert, dass in einigen Kletterhallen die Luftqualität
vergleichbar mit der an stark befahrenen, mehrspurigen Straßen in
Großstädten ist. Je kleiner die Kletterhalle, desto höher war die
Konzentration der gemessenen Chemikalien. Insgesamt fanden die
Forschenden in den 30 untersuchten Schuhpaaren 15 sogenannte
Additive. Diese Zusatzstoffe werden dem Gummi beigemischt, um die
Sohlen möglichst langlebig und robust zu machen. In besonders hoher
Konzentration nachgewiesen wurden etwa gummibasierte Chemikalien wie
Benzothiazole oder p-Phenylendiamine. Des Weiteren fand das Team vor
allem den Gummistabilisator 6PPD vor. In Autoreifen gemischt, soll
dieser den Verschleiß minimieren. Seine Umweltauswirkungen sind
allerdings fatal: Für Wasserlebewesen wie Fische gilt der Stoff als
hochgiftig, selbst geringe Konzentrationen können akutes Fischsterben
auslösen.
In der Kletterhalle eingeatmet, können die Stoffe bei Menschen auf
lange Sicht zu gesundheitlichen Problemen führen. So stehen die in
der Luft gefundenen Additive in Verdacht, Schäden an Lunge, Leber,
Darm, Herz und Nervensystem zu verursachen und die
Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen, was letztlich aber noch
nicht nachgewiesen wurde. Ohnehin wird angeraten, keine Babys,
Kleinkinder und Personen mit Vorerkrankungen der Atemwege mit in
Kletter- und Boulderhallen zu nehmen. Als hilfreiche Gegenmaßnahmen
schlagen die Forschenden weiter verbesserte Lüftungssysteme, eine
gleichmäßige Auslastung der Hallen oder die Nutzung von Sohlen mit
weniger zugeführten Zusatzstoffen vor. Der Deutsche Alpenverein (DAV)
hat bereits reagiert und zugesichert, den Druck auf die Hersteller
weiter zu erhöhen, damit möglichst zeitnah auf additivfreie
Gummimischungen umgestellt wird.



Dipl.-Met. Robert Hausen

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.12.2025

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